Volkersstimme

Das Kreuz bei der AfD auf dem Wahlschein ist kaum trocken, da dreht die Journaille am Rad. Wildeste Spekulationen über mögliche und unmögliche Koalitionen gehen Hand in Hand mit Mutmaßungen über die politische Zukünfte von diesem oder jenem Wahlteilnehmer. Ist Julia Klöckner als Merkel-Nachfolgerin verbrannt? Wird Nils Schmidt seinen SPD-Landesvorsitz niederlegen? Schmidete Guido Wollf eine Deutschland-Koalition und lässt Winfried-Kretschmann ab? Heiratet Horst Seehofer Frauke Petry? Alles Fragen die zwei Dinge gemeinsam haben: Über alles lässt sich trefflich streiten und alles lässt sich heute, einen Tag nach der Wahl, durch wildes Spekulieren nicht klären. Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen der On- und Offline-Presse. Ruhe bewahren. Geht mal schön einen Kaffee trinken oder eine Rauchen. Und dann wird sich in den nächsten Tagen alles von allein klären. Ohne Eure Spekulationen, Kaffeesatzleser- und Sterndeutereien.

Zu Helmut Schmidts Zeiten war das Bilden einer Koalition so schwierig wie ein Puzzle mit zwei Teilen zu lösen. Wie anders ist es heute. Mit fünf bis sechs Parteien die so in einem durchschnittlichen deutschen Landesparlament sitzen, sind ja theoretisch dutzende Kombinationen üblich. Entsprechend heiß geht es auf dem Koalitionenmarkt zu. Auch die kommentierende und schriebende Seite ist gefordert, den politischen Kooperationen einen Namen zu geben. Da gibt es die Ampel-Koalition, die Deutschland-Koalition (formaly known as „Schwampel“), die Jamaika-Koalition (CDU-FDP-Grüne) , die Kenia-Koalition(CDU-SPD-Grüne), Kolumbien-Koalition (FDP-AfD-SPD), Somalia-Koalition (AfD-Alleinregierung) usw.. Wenn das Bundesverfassungsgericht fertig ist mit dem NPD-veriebten, prüfe es bitte, ob es verfassungsrechtlich korrekt ist eine CDU-SPD-Koalition als „Große Koalition“ zu bezeichnen, auch wenn die Spezialdemokraten gerade so 16 % erzielt haben.

Die morgigen Wahlergebnisse werden mit Spannung erwartet. Alles ist möglich. Eine Gewissheit aber gibt es: die AfD wird in allen drei Landtagen mit veritablen, zweistelligen Ergbenissen einziehen. Hier kann die Journaille bereits vorarbeiten, den bitteren Kommentar am Montag dann aus der Schublade ziehen. Und dann gehts munter weiter mit der AfD-Beschimpfung, die ja bereits seit Wochen von den Gutbürgern durch die Medien getragen wird. Wenig wird gefragt, ob die AfD tatsächlich der geeignete Prügelknabe ist? Man stelle sich vor, eine Gruppe Männer zieht sich plötzlich die Hosen herunter und scheißen mitten auf die Straße. Wie lautet dann die Formulierung der Volksseele. Möglichkeit 1: „Das kommt von diesen Hunden, schafft dies Dreckshunde ab.“. Möglichkeit 2: “ Diese Typen sind doch bekloppt, denen müssen wir wohl mal Manieren beibringen.“ Zurtreffendes bitte ankreuzen.

Kann man eine große Koalition eingentlich noch als große Koalition bezeichnen, auch wenn der eine (hier: der rote) Partner, nur dritt- oder gar vierstärkste Fraktion im Parlament ist?

Das finsterste am Politikerleben ist der Wahlkampf. Statt am Buffet der Gala eines Waffenlobbyisten steht man am Vormittag auf dem verregneten Marktplatz und drückt Hausfrauen, Ommas und Erwerbslosen wahlentscheidende Kulis in die Hand. Auch Spitzenpolitiker müssen ran an die Schippe und durch ihren Auftritt in der Provinz den örtlichen Kandidaten unterstützen. Besonders bitter sind solche Auftritte für Angela Merkel. Regelmäßig zur wichtigsten Frau der Welt gekürt, wird ihr vormittags von Junker, Renzi und Co die Hand gelutscht und am Nachmittag steht man in der Stadthalle in Nürtingen und versucht der weinseligen Anhängerschaft die Flüchtlingspolitik zu erklären, obgleich diese den Begriff „Flüchtligsbegriff“ nicht einmal mit Hilfe eines Dudens korrekt buchstabieren können. Bei den anderen Spitzenkandidaten ist das ähnlich, aber die kennen es ja nicht anders. Die sind die Ochsentour gewöhnt. Aber Merkel kam ja quasi als Quereinsteigerin in mittlere Management der CDU. Entsprechend fremdelt sie auch, wenn Sie an der Basis vorsingen muss.

Würde am Sonntag nicht auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen stattfinden, vom Urnengang in Sachsen-Anhalt würde vermutlich nicht einmal die Magdeburger Volkszeitung berichten. Sachsen-Anhalt hat nämlich zum 27. mal in Folge den Titel „Unbekanntestes Bundesland der Republik“ gewonnen, was schon deshalb interessant ist, weil es das Bundesland erst seit 26 Jahren gibt. Auf einer Umrisskarte der Bundesländer, können nur zwei von 10 Befragten Sachen-Anhalt korrekt verorten – obwohl jeder 17 Versuche hatte. Auf die Frage „Sachsen-Anhalt: Dieses Bundesland ist mir unbekannt“ antworten 89% der Bundesbürger mit „Ja“. In Magdeburg sind es immerhin noch 57%.  Sachen-Anhalt ist mit 2,2 Sachsen-Anhaltinern angefüllt, also etwas mehr als doppelt so groß wie Köln. Die Narrenquote, gemessen an den AfD-Wählern wird ähnlich groß sein wie der am Rosenmontag in der Domstadt. Das ist aber nicht schlimm. Denn ein solches Wahlverhalten erwartet man ja in den weitläufigen, leerstehenden Bundesländern. Tatsächlich wird den neuen Bundesländern der Länderfinanzausgleich und der Soli gekürzt, wenn es nicht ein wahrnehmbares Rechtes Pack gibt.

Die Kommunalwahlen in Hessen galten als wichtiges Stimmungsbarometer für die am Wochenende stattfindenden „SuperSunday“. Die positive Nachricht: in keiner Gemeinde hat Donald Trump eine nennenswerte Rolle gespielt. Anders die AfD. Wie befürchtet haben die marktschreierischen Sumpfnasen aus dem Stand ein zweistelliges Ergebnis erzielt. Das hat den Ministerpäsident Bouffier aufgeschreckt. Sofort ist er aus der Ebbelwoi-Kneipe geschwankt und hat in einer Pressekonferenz verkündet, die Lage sei ernst, aber nicht hoffnungslos. Ob das den Wahlkämpfern bei den Landtagswahlen hilft?

AfD (Alternativfrage für Dampfdenker): Wenn Sie Filmregisseur wären und hätten einen Mann namens Volker Bouffier mit dem Gesicht von Volker Bouffiere, welche Rolle würden Sie mit Ihm besetzen? Und wieviele Schauspieler müssten absagen, bevor sie ihn mit der Rolle eines Ministerpäsidenten besetzten würden? (Angabe bitte +/- 50 genau)

In einer Woche liegen die Fakten auf dem Tisch. Auch das letzte Schwarzwalddorf wurde ausgezählt und die Ergbenisse mittels berittenem Boten ins Regierungspräsidium nach Freiburg verbracht. Und wer heute noch als MdL einen auf dicke Hose macht, der konkurrierd möglicherweise schon in einer Woche mit einem Migrationshintergründler um einen mindebelohnten Job. Aber mit so richtigen Überraschung ist ja in der kommenden Woche nicht zu rechnen – außer das Bundesverfassungsgericht verbietet aus einer Bierlaune heraus am Freitag die AfD.